In letzter Zeit höre ich öfter, dass Übersetzer einfach keine Ahnung hätten. Was man so von den Agenturen bekäme, sei unbrauchbar. Nun, dass liegt nicht nur an den Übersetzern, eigentlich zum kleinsten Teil. Sondern mehr am System der Agenturen. Natürlich gibt es gute und schlechte, aber Monsteragenturen sind sicher keine Garanten für gute Qualität. Die kleinen, feinen schon eher.

Einer von vielen Gründen für schlechte Qualität sind sogenannte Translation Memories, TMs. TMs sind eine feine Sache. Mit Abstrichen. Für Fachfremde: Ein Translation Memory speichert Übersetzungseinheiten, also beispielsweise einen englischen Satz zusammen mit der deutschen Übersetzung dieses Satzes. Taucht der Satz erneut auf, setzt das Programm die Übersetzung automatisch ein. Vorteil ist mehr Konsistenz. Außerdem kann der Übersetzer in alten Übersetzungen suchen, wie er etwas früher mal übersetzt hat. Was ebenfalls zur Konsistenz beiträgt. Hohe Konsistenz ist schon mal gut für Qualität.

Qualität hat aber einen Preis

Leider haben Agenturen diese schönen Systeme als Kosteneinsparer verkauft und bezahlen 100% Treffer schlecht oder auch gar nicht und zahlen für teilweise Übereinstimmungen deutliche Abschläge, was auch nicht immer gerechtfertigt ist. Im Englischen ist ein Satz, in dem „device“ durch „apparatus“ ersetzt wurde, nicht weiter gravierend. Aber im Deutschen wird aus „DIE Vorrichtung“ „DAS Gerät“, es muss also die Grammatik auch angepasst werden und der vermeintliche 95%-Treffer erfordert sorgfältige Überarbeitung. Was Agenturen dafür zahlen, ist unangemessen wenig. Das verführt offenbar den ein oder anderen zum Schludern. Sorgfalt hat halt ihren Preis.

Besonders haarsträubend ist aber die Praxis, 100%-Treffer (sogenannte matches) gar nicht zu bezahlen. Das führt dazu, dass die Übersetzer diese Sätze gar nicht mehr ansehen. Eventuelle Fehler pflanzen sich von Text zu Text fort, ohne jemals verbessert zu werden. Außerdem lesen Übersetzer häufig gar nicht mehr den vollständigen Text, sondern nur noch die Sätze, die sie bearbeiten. Warum sollten sie auch? Niemand arbeitet gerne für lau. Das kann im Falle des Austauschen von device durch apparatus dann schon mal dazu führen, dass im Folgesatz „Sie“ (die Vorrichtung nämlich) steht, statt „Es“ (wegen „das Gerät“). Ist halt nicht aufgefallen, dass der Satz angepasst werden muss.

Frontlader

Besonders schlimm wird es, wenn die Segmentierung, also das Zerstückeln des Textes in Teile für das TM, nicht vernünftig erfolgt und Kollegen die Segment-Merge-Funktion nicht kennen oder nicht nutzen (dürfen). Das führt zu grammatischen Verwicklungen, die unweigerlich irgendwann zu fehlerhaften Übersetzungen führen. Und dann können auch einzelne Wörter ins TM gelangen, was gefährlich ist. Denn nicht jedes Wort hat nur genau eine Entsprechung. So kam es, dass aus „The creme is applied to the chin, cheek and the front“ Folgendes wurde:

Die Creme wird aufgetragen auf:

Kinn,

Wangen und

Frontlader.

Dem Übersetzer war das allerdings nicht aufgefallen. Wahrscheinlich, weil er für den 100%-Treffer nicht bezahlt wurde. Der Revisorin schon, die beharrt auf Zahlung nach Stunde und liest den ganzen Text. Aber es gibt auch Revisoren, die für 100% nicht bezahlt werden. Vergessen Sie also nicht, Pflegecreme auf den Frontlader aufzutragen, wenn Sie sich das nächste Mal eincremen. Cheers!

„Analoge“ Fortbildungen im letzten Jahr wurden reihenweise abgesagt. Auch alle geplanten Konferenzen fielen dem Virus, dessen Name nicht länger genannt werden soll, zum Opfer. Aber diese eine Präsenzveranstaltung trotzte allen Lockdowns, Verschiebungen und Schwierigkeiten. Im November traf ich mich mit 8 Kolleg*innen und 2 Dozentinnen in einem Hotel in Mannheim und wir wurden auf vertraut gekonnte Weise in die Problematiken der Evaluierung von Übersetzungen/Revisionen eingeführt. Das Seminar ist Bestandteil der BDÜ-Reihe Revisionskompetenz und war für mich der 4. Teil. Nach dem Basismodul Revision sowie den Aufbau-Modulen Post-Editing und Qualitätssicherung ging es in Mannheim um folgende Themen: Ziel und Zweck der Evaluierung, Definition von Übersetzungsqualität, Aufgaben und Kompetenzen des Evaluierers, Evaluierungsmodelle, -prozesse und –tools, Auswertung von Evaluierungsergebnissen sowie Problemen bei der Evaluierung. Dies alles wurde durch die beiden hervorragenden Dozentinnen Dr. Canfora und Frau Ottmann von RisikoScouts auf gewohnt lockere und doch nachhaltige Weise nähergebracht.

 

Die Seminarreihe zeichnet sich durch eine gelungene Mischung von abwechslungsreicher Gruppenarbeit und vertiefenden theoretischen Blöcken aus. Es macht einfach großen Spaß, sich mit Kollegen über kluge Fragen die Köpfe heißzureden. Die Gruppen sind immer etwas anders zusammengesetzt, sodass man quasi mit jedem mal quatscht. Nicht immer gibt es ein eindeutiges Ergebnis, was aber daran liegt, dass die Fragen selten so einfach beantwortet werden können wie 1+1 = 2. Auf diese Art wird man sich der Problematiken auch deutlich bewusst. Gleichzeitig werden Lösungsansätze geboten und man kann sich das für sich passende herauspicken. Ganz nebenbei kommt es zu einem spannenden Erfahrungsaustausch und Kontaktknüpfen. Am Ende eines langen Tages mit viel frischer Luft habe ich auch in diesem Teil wieder jede Menge gelernt und zum Teil sogar direkt umsetzen können. Nicht nur in der abschließenden Prüfung, die mir mein 4. Zertifikat bescherte, sondern auch schon ganz praktisch. Jedenfalls fühle ich mich in Zukunft gut gewappnet, wenn ich um eine Bewertung einer Übersetzung gebeten werde. Der einzige Wermutstropfen ist, dass nun nur noch ein Modul fehlt, das Lektorat nämlich, und das wird leider nicht von diesen patenten Dozentinnen durchgeführt. Hoffentlich haben die beiden noch weitere gute Ideen, denn ich würde gerne wieder an einer Veranstaltung unter ihrer Leitung teilnehmen.

1920 postulierte der Nobelpreisträger Hermann Staudinger, dass es Moleküle gibt, die mehr als 100.000 Atome umfassen könnten. Derartige Moleküle sollten Makromoleküle genannt werden. Damit stieß Staudinger nicht nur auf offene Ohren, sondern auch auf erbitterten Widerstand – wie sollte es auch anders sein. Abgesehen davon, dass solche Moleküle schlicht unmöglich seien, würde sich auch kein Mensch für so etwas interessieren. Hätten die Bedenkenträger recht gehabt, gäbe es heute keine Diskussion über Plastik allerorten. Aber auch hier wurde irgendwann deutlich, dass sich ganz neue Möglichkeiten für Materialien ergeben. 1953 wurde Staudinger für seine wegweisenden Arbeiten zur makromolekularen Chemie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Und heute?

Heute werden Rufe nach einem Verbot von Kunststoffen und Appelle an ein kunststofffreies Leben immer lauter. Die Menschen, die dies vertreten, benutzen dabei sicherlich ihren Computer/Laptop/Tablet/Smartphone. Nun, da müssten sie dann künftig wohl drauf verzichten, denn unter anderem das Gehäuse besteht auch Kunststoff. Das würde die Kommunikation und die Appelle sicher schwieriger werden lassen. Außerdem müssten wir auf Autos verzichten, denn da ist jede Menge Kunststoff drin. Das dient dem Klima? Vielleicht, aber wir müssten auch auf Fahrräder, wie wir sie kennen verzichten, auf Sportschuhe und Funktionskleidung für den Sport. Ich wage zu bezweifeln, dass die Polymerhasser gern wieder gewalkte Wollkleidung tragen möchte und in Holzpantinen Joggen gehen will. Auch mit dem Wohnen wird es schwierig. Fenster können natürlich aus Holz sein (wenn alle Menschen wieder Holzfenster hätten, wäre das wirklich ökologisch?). Mit Dämmung würde es schon deutlich schwieriger, aber dann bauen wir eben wieder massiver, um Klimaziele zu erreichen. Aber was ist mit den Leitungen, insbesondere Elektrokabel? Womit sollten die künftig isoliert werden? Aber welcher Kunststoffmuffel braucht schon Elektrizität. Schließlich sind – siehe oben – Smartphone und Konsorten schon nicht mehr im Haus. Auch kein Telefon, kein Kühlschrank, keine Waschmaschine. Zum Heizen und kochen kann man einen altmodischen Ofen benutzen. Gas könnte auch schon wieder schwierig werden, irgendwo ist bestimmt Kunststoff dran.

Und so kann man weiter überlegen. Kunststoff/Plastik ist in unserem Leben allgegenwärtig und nicht mehr wegzudenken. Ein Ruf nach einem Kunststoffboykott ist daher ziemlich sinnfrei. Was man hingegen durchaus in Frage stellen kann, ist die Menge an Plastikmüll. Verbrauchsmaterialien und Einmalverpackungen gehören durchaus auf den Prüfstand und weniger To-Go-Produkte täten in vielerlei Hinsicht gut. Weniger Müll auf den Straßen und letztlich in den Meeren wäre wirklich viel wert. Wir müssen dann allerdings auch hinnehmen, dass darüber Firmen Pleite gehen und Menschen ihre Arbeit verlieren könnten. Wenn Staudinger gewusst hätte, was für komplexe Probleme er mit seinen Thesen heraufbeschwören würde, hätte er vielleicht die Finger davon gelassen. Aber ich bin sicher, dann wäre es jemand anders gewesen, dessen Jahrestag wir irgendwann begehen. Ideen lassen sich nicht aufhalten. Ob das gut ist oder schlecht, liegt letztlich in unserer aller Hand.

Blick auf den Plenarsaal in Bonn

Der BDÜ (Bund Deutscher Übersetzer) hat nach vielen Jahren noch einmal eine Konferenz für alle Übersetzer (und nicht nur für Übersetzer im Rechtsbereich) organisiert. Sehr löblich. Eigentlich. Leider ist das Programm am Ende doch vergleichsweise langweilig geworden.

Der Konferenzort war natürlich schon beeindruckend: der ehemalige Bundestag, heute das World Conference Center. Da sitzt man also im Plenarsaal und guckt auf den Bundesadler und der Redner steht dort, wo Kohl, Genscher und all die bekannten und unbekannten Politiker unsere Geschichte gestaltet haben.  Das hat was. Aber in einem Seminar zu sitzen, in dem man mitschreiben möchte und es gibt bloß Stuhlreihen, ist megaunpraktisch und man sitzt so eng, dass man ständig den Ellbogen in die Seite des Nachbarn bohrt und den Ellenbogen vom anderen Nachbarn in den eigenen Rippen hat. Dafür war die Verpflegung sehr gut und für so viele Leute auch sehr gut organisiert. Hungern und Dürsten musste man nicht.

Zum Programm:

Rechtsübersetzer kamen auf ihre Kosten. Und wer sich erstmals mit MÜ beschäftigte auch. Die Veranstaltungen zu MÜ, die ich besucht habe, waren durchaus gut organisiert und die Beteiligten hochkarätig, kompetent und unterhaltsam. Das möchte ich explizit loben. Aber wer sich schon mit MÜ und Post-Editing beschäftig, ja damit womöglich schon unterwegs ist, der konnte kaum mehr lernen. Tools wurden kaum vorgestellt. Dolmetscher mögen das anders sehen, aber dolmetschen tu ich nun mal nicht. Dafür gab es eine Reihe Wohlfühlworkshops zu Rücken und Achtsamkeit. Ich hatte zwar das Glück, in solche Workshops zu gelangen, was aufgrund eingeschränkter Teilnehmerzahl offenbar recht schwierig war. Das war nicht schlecht. Auch wenn ich aus dem Yoga-Workshop nichts mitgenommen habe. Der über Meditation war aber exzellent vorbereitet und durchdacht und gab eine Menge Tipps – auch durch andere Teilnehmer, die ich doch gern versuchen möchte, umzusetzen. Mal sehen, wie lang die guten Vorsätzen halten.

Datenschutzverordnung

Ein wichtiges Thema ist ja auch die Datenschutzverordnung, die mir ehrlich gesagt, Schweißperlen auf die Stirn treibt. Einen Block gab es dazu. Aber der war leider im Wesentlichen mal wieder für die Juristen unter den Kollegen von Nutzen. FIT Europe hat sich dem löblichen Ziel verschrieben, eine Datenschutzerklärung für alle zu entwerfen und daher in Kontakt mit zahlreichen Stellen, um Problemfälle zu identifizieren und Lösungen dafür zu finden. Das ist extrem hilfreich, war aber natürlich eine „Werbeveranstaltung“ dafür, da unsere Hilfe von Nöten. Die ich gern gewähre. Ich hoffe, da wird was hilfreiches für uns alle rauskommen, obwohl ich sehe, dass wir zum Teil so unterschiedliche Bedürfnisse haben, dass ich mir eine Datenschutzerklärung für alle kaum vorstellen kann. Der zweite Vortrag war von einer Spezialistin für Rechtsfragen und leider für den Laien zu hoch. Was muss ich tun? Welche Probleme hab ich? Ich weiß es nicht. Der letzte Vortragende war zwar sprachlich ansprechender, charmant und versuchte sich an Humor. Aber sein hilfreicher Ansatz, Stolperfallen für alle zu besprechen, wandelte sich ruckzuck in Stolperfalle für Urkundenübersetzer und vor allem Dolmetscher im Rechtsbereich. Bei allem Verständnis für deren Probleme, wäre es einfach schön gewesen, wenn man sich mal besinnt, dass die Mehrheit der Kollegen andere Probleme hat und eine andere Sprache (also nicht Juristendeutsch) spricht. Ich hätte gern einiges gelernt. Hab ich aber leider nicht, außer dass ich meine Kollegen nicht mehr weiterempfehlen darf. Schade eigentlich, denn ich kenne eine Reihe sehr kompetenter.

Fazit

Auf der Habenseite steht natürlich der Kontakt mit den Kolleginnen. Ich durfte eine Reihe spannender Menschen kennenlernen. Das hat Spaß gemacht und hat dafür gesorgt, dass ich die Konferenz nicht vollkommen als Fehler abschreibe. Aber ob ich das nächste Mal an einer allgemeinen BDÜ-Konferenz teilnehmen werde, versehe ich doch mit einem dicken Fragezeichen. Schade, dass es so teuer ist, nach Amerika zu fliegen. Denn die ATA-Konferenz lässt einfach nicht zu wünschen übrig. Höchstens insofern, dass man sich zwischen 2 bis 3 gleichermaßen interessanten Themen entscheiden muss, während ich mich in Bonn oftmals fragte, welches das kleinste langweiligste Übel sei.

Copyrigth Bild: 3. Internationale Fachkonferenz des BDÜ: „Übersetzen und Dolmetschen 4.0: Neue Wege im digitalen Zeitalter“ (Bonn, 22.-24.11.2019) © Thorsten Weddig

Es war einmal wieder Zeit für die Material Chemistry (MC) Konferenz, die 14. dieses Namens. Die Aston University in Birmingham war im Juli Gastgeber der Veranstaltung.

Die Materialchemie ist ein weites Feld. Es reicht von Materialien für Energievorrichtungen bis hin zu Polymeren, von biologischen bis hin zu rein theoretischen Anwendungen. Neben den Plenarvorträgen gab es vier parallele Sitzungen, und es war nicht immer einfach für mich zu entscheiden, was für mich von Interesse sein könnte.

Offensichtlich ist das „In“-Material im Moment Perowskit. Perowskit ist ein seit langem bekanntes Mineral (entdeckt 1839), das die Elemente Barium, Titan und Sauerstoff in einer bestimmten Anordnung enthält. Alle diese Elemente können ersetzt werden, und wenn die Verhältnisse eingehalten werden, werden Materialien mit der gleichen Struktur erhalten, aber mit einem überraschenden Spektrum an Eigenschaften. Diese können beispielsweise als Kondensatoren, Supraleiter, in LEDs und seit kurzem auch in der Post-Silizium-Solarzellentechnologie eingesetzt werden.

Ein sehr faszinierender Vortrag betraf das Lösen von Klebstoffen. Das heißt, einen Klebstoff zu erfinden, der sich durch einen Auslöser, eine Chemikalie oder etwas anderes wie Ultraschall, zersetzt und die durch diesen Klebstoff miteinander verbundenen Teile freisetzt. Stellen Sie sich ein Smartphone vor, das mit diesem Klebstoff ausgestattet ist. Nachdem es sein Lebensende erreicht hat, benutzt man einfach diesen Auslöser und das ganze Ding fällt auseinander. Dadurch können die verschiedenen Baueinheiten leicht getrennt und leichter recycelt werden.

Eines meiner Hauptinteressen – zumindest im Moment – sind medizinische Anwendungen. Ein Thema sind Hydrogele, das sind Netzwerke aus hydrophilen Polymeren. Sie können für die Wirkstoffabgabe oder das Tissue Engineering eingesetzt werden. Ein weiteres aufkommendes Thema ist der 3D-Druck von Implantaten und so weiter. So können Ersatzstoffe für Knorpel, Zähne oder Knochen gedruckt werden. Es gibt aber auch biologisch abbaubare Materialien, die in Wunden eingesetzt werden und die Heilung begünstigen. Sie sind „Ankerpunkte“ für biologische Materialien, die entlang des Implantats wachsen und schließlich die Wunde schließen, während das ursprüngliche Implantat abgebaut wird. Die Ideen gehen noch weiter: das Drucken ganzer Organe, zum Beispiel eines Herzens. Die Drucktechnologie ist ziemlich weit fortgeschritten, aber die Materialien für medizinische Anwendungen bedürfen noch der Entwicklung – und natürlich der Zulassung durch die FDA und andere Aufsichtsbehörden.

Noch ein Thema ist natürlich die Energie. Obwohl Lithium-Ionen-Batterien heute Stand der Technik sind, gibt es noch viele Fragen zu beantworten und Probleme zu lösen. Ein Vortrag betraf beispielsweise eine Studie zur Elektrodenherstellung für LIBs. Die Herstellung von LIBs ist ein langer Prozess und ein Schritt ist ein Formationsprozess, der mehrere Wochen dauert! Die Forschungsgruppe untersuchte die verschiedenen Schritte und versuchte, den gesamten Prozess zu verkürzen. Aber obwohl einige faszinierende Ideen präsentiert wurden, wird deren Umsetzung in den aktuellen Prozessen noch lange auf sich warten lassen. Wie schade.

Es gab noch viele andere Themen und ich habe sicherlich einiges Interessantes verpasst. Aber alles in allem habe ich viel gelernt und es war eine inspirierende Veranstaltung, die zeigte, dass die Chemie im Zentrum für die Lösung vieler der Probleme steht, mit denen die Welt heute konfrontiert ist.

Die chemischen Gesellschaften feiern dieses Jahr das Internationale Jahr des Periodensystems. Grund dafür ist der 150. Geburtstag des Periodensystems der Elemente (PSE). Die meisten dürften diese Tafel im Chemiesaal der Schule gesehen und bald danach wieder vergessen haben. Tatsächlich ist das Periodensystem für den Chemiker so etwas wie das ABC. Als Student lernt man es zunächst mühevoll auswendig, bis man irgendwann entdeckt, wie hilfreich es dabei ist, Dinge herzuleiten, die man nun nicht mehr mühevoll auswendig lernen muss.

Aus heutiger Sicht mit unseren Kenntnissen des Aufbaus der Atome ist das PSE eine Selbstverständlichkeit und ergibt sich quasi von selbst. Aber zur Zeit des Russen Dimitri Mendelejew und des Deutschen Lothar Meyer waren Atome eine bloße Hypothese und Protonen und Elektronen waren gar nicht bekannt. Es gab Beobachtungen, aus denen man auf die Existenz von Elementen im Gegensatz zu Verbindungen, die aus Elementen bestanden, geschlossen hatte. Es gab aber keine Möglichkeit, zu erklären, warum manche Elemente sich im Verhältnis 1:1, andere dagegen im Verhältnis 1:2 zu Verbindungen fügen, oder warum manche Elemente flüssig sind und andere fest, und manche leicht und manche schwer. Die beiden oben genannten Wissenschaftler suchten jedoch nach einer Systematik und stießen dabei unabhängig voneinander auf Gesetzmäßigkeiten und vergleichbare Eigenschaften. Sie ordneten die bekannten Elemente entsprechend an und das Periodensystem war geboren. Für mich eine enorme Leistung. Die chemische Welt stürzte sich allerdings nicht voller Begeisterung auf das Konzept, sondern blieb eher skeptisch. Dies scheint auch eine Gesetzmäßigkeit zu sein, unter denen neue Konzepte, Ideen, Entdeckungen usw leiden. Auch Mendelejew bestritt, dass es so etwas wie Radioaktivität geben könnte. Für ihn war ein Atom, wie schon das griechische Wort sagt, unteilbar.

Was dem PSE zum Durchbruch verhalf, war die Tatsache, dass das System Lücken aufwies und Mendelejew diese Lücken mit noch zu entdeckenden Elementen füllte. Ein Beispiel hierfür ist Germanium. Man kannte bereits Kohlenstoff, Silicium und Zinn. Aber zwischen Silicium und Zinn musste sich noch ein Element befinden. Mendelejew sprach von Ekasilicium (Eka, Sanskrit für „eins“) und sagte unter anderem das Atomgewicht, die Dichte, das Atomvolumen und spezifische Wärme sowie einige Elementverbindungen vorher. Z. B. sollte es ein Dioxid und ein Tetrachlorid geben. 1886 gelang dem Deutschen Clemens Winkler die Isolierung eines neuen Elements, das genau diese Eigenschaften aufwies. Dieses Element wurde zu Ehren des Chemikers „Germanium“ getauft.

Der Aufbau der Atome (griech. „unteilbar“) aus Atomkern mit Neutronen und Protonen und der sich darum befindlichen Elektronenhülle wurde erst rund 40 Jahre später aufgeklärt. Damit ergab sich auch eine Erklärung, warum das Periodensystem genauso aufgebaut ist, wie seinerzeit von Mendelejew und Meyer aufgestellt. Beide erfuhren nicht mehr, welche Gesetzmäßigkeiten hinter ihrer bahnbrechenden Arbeit stehen und warum das PSE genauso aussieht, wie sie es entwickelt hatten. Darum in diesem Jahr: Chapeau vor einer visionären Leistung.

Zwar kann ich nicht von der Festkörper- und Materialchemie lassen, aber meine Arbeitsthemen sind doch weiter gestreut und gehen weit über diese Themen hinaus. Könnte ich Beton noch zu meiner Kernkompetenz rechnen, gilt das für AntifoulingZusammensetzungen schon nicht mehr. Geschweige denn die zahlreichen Pharmapatente mit neuesten Wirkstoffen gegen Krebs, Alzheimer und zahlreiche andere Krankheiten. Daher besuchte ich einmal eine eher medizinische Konferenz: die MoBi 2018. MoBi sthet für molekulare Bildgebung. Es geht also um CT, PET, MRI, Mikroskopie, Ultraschall und deren Anwendung für medizinische Fragestellungen. Es gab längere Vorträge von „Experten“, also den arrivierten Wissenschaftlern, und kürzere von Studenten. Das Niveau war hoch, aber aufgrund der breiten Streuung an Themen und Beteiligten (Mediziner, Ingenieure, Chemiker und alles was sich daraus kombinieren lässt) nicht so fachspezifisch, dass man nicht hätte folgen können.

So gab beispielsweise einen kurzen Vortrag über ein ultraschallabgeleitetes Verfahren zur Untersuchung von Muskeln bei der Duchenne-Krankheit. Diese muskeldegenerative Erkrankung ist gar nicht so selten, 1 von ca. 4500 männlichen Babys ist davon betroffen. Sie bricht nach etwas 2-4 Jahren aus, im Teenage-Alter landet man im Rollstuhl und um die 20 herum ist das Leben zuende. Es gibt erste hoffnungsvolle Behandlungsansätze, aber um die Wirksamkeit zu testen, sind schwierige Tests erforderlich, bei denen Kleinkinder eher streiken und wenig kooperativ sind. Z.B. wird gemessen, wie weit ein Kind in 6 Minuten kommt. Ein Verfahren, das schmerzfrei und schnell die Muskeln untersuchen kann, wäre eine echte Hilfe. Und die vorgestellten Ergebnisse waren sehr beeindruckend und stimmten hoffnungsvoll.

Ein anderer junger Wissenschaftler, frisch zurück vom MIT, beschäftigte sich mit einer Bildgebungsmethode im kurzwelligen IR-Bereich. Dieser Bereich ist militärisch sehr interessant. Man kann damit z. B. durch Wolken gucken, ist also für Drohnen interessant. Daher war es gar nicht leicht, Ausrüstung zu bekommen, denn diese Ausrüstung ist militärisch relevant. Aber man kann in diesem Bereich nicht nur durch Wolken gucken, man kann mit extrem beeindruckendem Kontrast Organe und Gefäße angucken. Benötigt wird nur noch ein effizientes Kontrastmittel.

Und dies sind nur zwei Beispiele für die zahlreichen, faszinierenden Beiträge zum Thema Arthrtis und Knochenstruktur, Epilepsieentstehung, Aufbau und Funktion von Synapsen, Alzheimer-Entstehung, Auffinden einzelner (sic!) Krebszellen und vieles mehr. Leider war die Konferenz in Englisch, was zum Vokabel lernen nicht so effizient war. Aber vom fachlichen Standpunkt habe ich in kurzer Zeit enorm viel gelernt und interessante Menschen kennengelernt. Fazit: Es lohnt sich wirklich, auch mal über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.

 

Ich habe mich der Vielzahl von Anfragen gebeugt und neben meinem geliebten Wordfast SDL Trados installiert. Nach einer schwierigen Installation aufgrund eines absurden Fehlers (aber sehr freundliche Unterstützung durch den Support) konnte ich recht bald erste Aufträge bearbeiten. Das Programm ist relativ intuitiv, zumindest wenn man sich etwas mit TM-Systemen auskennt. Wer frisch einsteigt, ohne jemals so ein System benutzt zu haben (Berufsanfänger), wird sich wohl schwerer tun. Um die Feinheiten zu erkennen, muss ich allerdings auch noch mal ein Webinar oder ähnliches verfolgen. Da ich das Missvergnügen hatte, mit Across arbeiten zu müssen, haben mich einige Dinge recht positiv überrascht. Z.B. kann man Fett, kursiv, hochgestellt usw. relativ problemlos nutzen. Das war bei Across in früheren Versionen nicht wirklich komfortabel. Möglich, dass sich das geändert hat, denn ich habe seit etwa 2 Jahren keine Across-Projekte mehr gehabt. Auch kann man Sonderzeichen recht problemlos einfügen. Abgesehen davon, dass man sich manchmal zu Tode sucht, wenn es etwas exotischer ist. Allerdings benötigt man für einige Dinge immer noch die Alt+xxxx Nummern, was natürlich alles andere als praktisch ist.

Was mir gut gefallen hat, wie leicht die Pakete geladen und geöffnet werden können. Bei Across hat das manchmal so lange gedauert, dass ich dachte mein Computer hätte sich aufgehängt. Was auch für Updates galt.

Der Qualitätscheck gefällt mir recht gut. Ist komfortabler als bei Across, aber leidet natürlich auch unter zahlreichen falsch positiven Meldungen, was eine Folge der vielen chemischen Formeln und Formatierungen in chemischen Texten ist.

Trotzdem bin ich dankbar für jedes Projekt, das ich weiter mit Wordfast Classic bearbeiten kann. Ich verstehe die Notwendigkeit der Entwicklung dieser Systeme von WF Pro, SDL Trados, Memoq und wie sie alle heißen. Sie sind fürs Projektmanagement praktisch und bei allen Dateiformaten außer Word unerlässlich. Aber für Word-Dateien sind diese Systeme Mist. Die Segmentation bewirkt, dass der Textfluss abhanden kommt. Das zeigt sich auch in mangelhaften Übersetzungen, in denen der Kontext nie berücksichtigt wird. Auch Terminologiekonsistenz ist mangelhaft, weil in Projekten von Agenturen die Termdatenbank nicht gefüttert werden kann und bisher keine Agentur in der Lage war, eine vernünftige Termdatenbank mitzuschicken. Und meine eigene lässt sich auch nicht verwenden. Das ist auch für den Kunden blöd, aber er hat es ja so gewollt. In WF Classic kann ich 3 Glossare gleichzeitig benutzen. Und eines ist immer Kundenspezifisch. Das wird während des Übersetzens auch weiter gefüttert und unterstützt so Terminologiekonsistenz. Zudem ist ein Nachteil von Agentur-TMs die unterschiedliche Qualität der Matches. Keine Agentur schafft es, nur gute Matches und alle mit einheitlicher Terminologie zu kreieren. Das ist sicher auch ein Mega-Aufwand. Aber wie kann ich eine Übersetzung abgeben, in denen in 100-%-Matches gleiche Terminologie verschieden übersetzt wurde (und schlimmstenfalls auch noch falsch, weil niemand gut aufgepasst hat!!)?

 

Meine Weiterbildung im Bereich Übersetzungen bestand in diesem Jahr unter anderem in einem zweitägigen Seminar zum Thema Revision, das der BDÜ in Rahmen seiner Reihe Revisionskompetenz anbietet. Eine Revision ist eine zweisprachige Korrektur einer Übersetzung, in der Rechtschreibung, Grammatik, Vollständigkeit, Konsistenz, Lesbarkeit, Terminologie sowie die Einhaltung von Textsortenkonventionen und spezifischer Kundenvorgaben überprüft wird. Im Gegensatz dazu beschäftigt sich „Korrekturlesen“ nur mit dem einsprachigen Text (ist also auch nicht allein auf Übersetzungen beschränkt). Dabei werden auch nur Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion geprüft. Das Lektorat ist auch auf einsprachige Texte beschränkt, geht aber weiter als Korrekturlesen, insofern es Texte auch inhaltlich und stilistisch prüft. Am verbreitetsten ist das Lektorat im Verlagswesen.

Themen des Seminars waren unter anderem Ziel und Zweck der Revision, Aufgaben und Kompetenzen des Revisors, Einbettung in die ISO 17100, Vorteile und Nachteile der Revision, Techniken, Auftragsgestaltung und Prozesse. Fallen der Revision, Revision in TM-Systemen, Messung der Revisionsqualität und Zeitplanung und Preisgestaltung. Das Seminar war äußerst kurzweilig gestaltet und sehr instruktiv. Besonders hilfreich war die Beschäftigung mit Fallen, in die man als Revisor ständig tappt und welche Fehler sich bei der Revision einschleichen können. Aber auch der Austausch, was man als Übersetzer vom Revisor und als Revisor vom Übersetzer erwartet, war sehr produktiv. Das Seminar endete mit einer kurzen Prüfung über die gelernten Themen, war mir auch das Basiszertifikat Revision eintrug.

Teilnahmebescheinigung

Basiszertifikat Revision

Genau genommen fand diese Entdeckung schon vor 201 Jahr statt, aber die Entdeckung des schwedischen Chemikers Johan August Arfwedson wurde erst 1818 von dessen Mentor Berzelius veröffentlicht: „Herr August Arfwedson, ein junger sehr verdienstvoller Chemiker, [das ist mal wirklich ein netter Kommentar!] der seit einem Jahre in meinem Laboratorie arbeitet, fand bei einer Analyse des Petalits von Uto’s Eisengrube, einen alkalischen Bestandtheil, … Wir haben es Lithion genannt, um dadurch auf seine erste Entdeckung im Mineralreich anzuspielen, da die beiden anderen erst in der organischen Natur entdeckt wurden. Sein Radical wird dann Lithium genannt werden.“ (J.Chem. Phys. 21, 44, Ann. Physik. 1818, 59, 238). Der Schüler des bekannteren Chemikers Berzelius entdeckt das Element also bei der Analyse des Minerals Petalit (LiAl[Si4O10]). Kurz darauf gelang dem Briten Sir Humphry Davy die erste Darstellung des Metalls durch Elektrolyse von Lithiumcarbonat. Und wie Berzelius schreibt, geht die Bezeicnung Lithium auf das griechische Wort für Stein, lithos, zurück, da das Element als erstes in Gestein entdeckt wurde – im Gegensatz zu Natrium und Kalium, die in Pflanzen gefunden wurden.

Lithium kommt als Begleiter von Natrium und Kalium in zahlreichen Silikaten vor, aber meist nur in kleinen Mengen, was die Gewinnung des Metalls erschwert. Gewonnen wird es aus Lithiumchlorid durch die sogenannte Schmelzelektrolyse. Das heißt, das Chlorid wird für die Elektrolyse geschmolzen und nicht in Wasser oder einem anderen Lösungsmittel gelöst. Würde man Lithiumchlorid in Wasser elektrolysieren, entstünde Wasserstoff anstelle des Metalls, da dieses sehr viel unedler ist.

Charakteristisch ist die rote Flamme, mit der das silberweiße, weiche Metall an Luft verbrennt – in der Tat sehr schön, wie ich aus leidvoller Erfahrung berichten kann. Es bestitzt eine Dichte von nur 0,534 g/cm³ und ist das leichteste aller festen Elemente (abgesehen von festem Wasserstoff, der aber bei Normalbedingungen nicht existent ist). Bis vor einigen Jahren wurde es hauptsächlich als Legierungsbestandteil eingesetzt. Des Weiteren  gibt es Nischenanwendungen zur Produktion von Tritium für Fusionsreaktoren. Und seit den 1950gern wird Lithium in Form seiner Salze für bipolare Affektstörungen, Depression und ähnliche Krankheiten eingesetzt. Es wirkt offenbar beruhigend, aber nicht einschläfernd, wobei der genaue Wirkmechanismus noch nicht geklärt ist.

Und wie allgemein bekannt, erlebt das Metall derzeit einen enormen Boom, da es heute in den Lithiumionenbatterien breite Verwendung findet. Dies hat dazu geführt, dass die Produktion von rund 100 Kilotonnen in den 1980gern auf derzeit rund 600 Kilotonnen hochgeschnellt ist. Dies führt zu Überlegungen, ob Lithium nicht zu einem knappen Material werden könnte. Siehe auch meinen Blog vom Januar 2018.