In letzter Zeit höre ich öfter, dass Übersetzer einfach keine Ahnung hätten. Was man so von den Agenturen bekäme, sei unbrauchbar. Nun, dass liegt nicht nur an den Übersetzern, eigentlich zum kleinsten Teil. Sondern mehr am System der Agenturen. Natürlich gibt es gute und schlechte, aber Monsteragenturen sind sicher keine Garanten für gute Qualität. Die kleinen, feinen schon eher.

Einer von vielen Gründen für schlechte Qualität sind sogenannte Translation Memories, TMs. TMs sind eine feine Sache. Mit Abstrichen. Für Fachfremde: Ein Translation Memory speichert Übersetzungseinheiten, also beispielsweise einen englischen Satz zusammen mit der deutschen Übersetzung dieses Satzes. Taucht der Satz erneut auf, setzt das Programm die Übersetzung automatisch ein. Vorteil ist mehr Konsistenz. Außerdem kann der Übersetzer in alten Übersetzungen suchen, wie er etwas früher mal übersetzt hat. Was ebenfalls zur Konsistenz beiträgt. Hohe Konsistenz ist schon mal gut für Qualität.

Qualität hat aber einen Preis

Leider haben Agenturen diese schönen Systeme als Kosteneinsparer verkauft und bezahlen 100% Treffer schlecht oder auch gar nicht und zahlen für teilweise Übereinstimmungen deutliche Abschläge, was auch nicht immer gerechtfertigt ist. Im Englischen ist ein Satz, in dem „device“ durch „apparatus“ ersetzt wurde, nicht weiter gravierend. Aber im Deutschen wird aus „DIE Vorrichtung“ „DAS Gerät“, es muss also die Grammatik auch angepasst werden und der vermeintliche 95%-Treffer erfordert sorgfältige Überarbeitung. Was Agenturen dafür zahlen, ist unangemessen wenig. Das verführt offenbar den ein oder anderen zum Schludern. Sorgfalt hat halt ihren Preis.

Besonders haarsträubend ist aber die Praxis, 100%-Treffer (sogenannte matches) gar nicht zu bezahlen. Das führt dazu, dass die Übersetzer diese Sätze gar nicht mehr ansehen. Eventuelle Fehler pflanzen sich von Text zu Text fort, ohne jemals verbessert zu werden. Außerdem lesen Übersetzer häufig gar nicht mehr den vollständigen Text, sondern nur noch die Sätze, die sie bearbeiten. Warum sollten sie auch? Niemand arbeitet gerne für lau. Das kann im Falle des Austauschen von device durch apparatus dann schon mal dazu führen, dass im Folgesatz „Sie“ (die Vorrichtung nämlich) steht, statt „Es“ (wegen „das Gerät“). Ist halt nicht aufgefallen, dass der Satz angepasst werden muss.

Frontlader

Besonders schlimm wird es, wenn die Segmentierung, also das Zerstückeln des Textes in Teile für das TM, nicht vernünftig erfolgt und Kollegen die Segment-Merge-Funktion nicht kennen oder nicht nutzen (dürfen). Das führt zu grammatischen Verwicklungen, die unweigerlich irgendwann zu fehlerhaften Übersetzungen führen. Und dann können auch einzelne Wörter ins TM gelangen, was gefährlich ist. Denn nicht jedes Wort hat nur genau eine Entsprechung. So kam es, dass aus „The creme is applied to the chin, cheek and the front“ Folgendes wurde:

Die Creme wird aufgetragen auf:

Kinn,

Wangen und

Frontlader.

Dem Übersetzer war das allerdings nicht aufgefallen. Wahrscheinlich, weil er für den 100%-Treffer nicht bezahlt wurde. Der Revisorin schon, die beharrt auf Zahlung nach Stunde und liest den ganzen Text. Aber es gibt auch Revisoren, die für 100% nicht bezahlt werden. Vergessen Sie also nicht, Pflegecreme auf den Frontlader aufzutragen, wenn Sie sich das nächste Mal eincremen. Cheers!

„Analoge“ Fortbildungen im letzten Jahr wurden reihenweise abgesagt. Auch alle geplanten Konferenzen fielen dem Virus, dessen Name nicht länger genannt werden soll, zum Opfer. Aber diese eine Präsenzveranstaltung trotzte allen Lockdowns, Verschiebungen und Schwierigkeiten. Im November traf ich mich mit 8 Kolleg*innen und 2 Dozentinnen in einem Hotel in Mannheim und wir wurden auf vertraut gekonnte Weise in die Problematiken der Evaluierung von Übersetzungen/Revisionen eingeführt. Das Seminar ist Bestandteil der BDÜ-Reihe Revisionskompetenz und war für mich der 4. Teil. Nach dem Basismodul Revision sowie den Aufbau-Modulen Post-Editing und Qualitätssicherung ging es in Mannheim um folgende Themen: Ziel und Zweck der Evaluierung, Definition von Übersetzungsqualität, Aufgaben und Kompetenzen des Evaluierers, Evaluierungsmodelle, -prozesse und –tools, Auswertung von Evaluierungsergebnissen sowie Problemen bei der Evaluierung. Dies alles wurde durch die beiden hervorragenden Dozentinnen Dr. Canfora und Frau Ottmann von RisikoScouts auf gewohnt lockere und doch nachhaltige Weise nähergebracht.

 

Die Seminarreihe zeichnet sich durch eine gelungene Mischung von abwechslungsreicher Gruppenarbeit und vertiefenden theoretischen Blöcken aus. Es macht einfach großen Spaß, sich mit Kollegen über kluge Fragen die Köpfe heißzureden. Die Gruppen sind immer etwas anders zusammengesetzt, sodass man quasi mit jedem mal quatscht. Nicht immer gibt es ein eindeutiges Ergebnis, was aber daran liegt, dass die Fragen selten so einfach beantwortet werden können wie 1+1 = 2. Auf diese Art wird man sich der Problematiken auch deutlich bewusst. Gleichzeitig werden Lösungsansätze geboten und man kann sich das für sich passende herauspicken. Ganz nebenbei kommt es zu einem spannenden Erfahrungsaustausch und Kontaktknüpfen. Am Ende eines langen Tages mit viel frischer Luft habe ich auch in diesem Teil wieder jede Menge gelernt und zum Teil sogar direkt umsetzen können. Nicht nur in der abschließenden Prüfung, die mir mein 4. Zertifikat bescherte, sondern auch schon ganz praktisch. Jedenfalls fühle ich mich in Zukunft gut gewappnet, wenn ich um eine Bewertung einer Übersetzung gebeten werde. Der einzige Wermutstropfen ist, dass nun nur noch ein Modul fehlt, das Lektorat nämlich, und das wird leider nicht von diesen patenten Dozentinnen durchgeführt. Hoffentlich haben die beiden noch weitere gute Ideen, denn ich würde gerne wieder an einer Veranstaltung unter ihrer Leitung teilnehmen.

Blick auf den Plenarsaal in Bonn

Der BDÜ (Bund Deutscher Übersetzer) hat nach vielen Jahren noch einmal eine Konferenz für alle Übersetzer (und nicht nur für Übersetzer im Rechtsbereich) organisiert. Sehr löblich. Eigentlich. Leider ist das Programm am Ende doch vergleichsweise langweilig geworden.

Der Konferenzort war natürlich schon beeindruckend: der ehemalige Bundestag, heute das World Conference Center. Da sitzt man also im Plenarsaal und guckt auf den Bundesadler und der Redner steht dort, wo Kohl, Genscher und all die bekannten und unbekannten Politiker unsere Geschichte gestaltet haben.  Das hat was. Aber in einem Seminar zu sitzen, in dem man mitschreiben möchte und es gibt bloß Stuhlreihen, ist megaunpraktisch und man sitzt so eng, dass man ständig den Ellbogen in die Seite des Nachbarn bohrt und den Ellenbogen vom anderen Nachbarn in den eigenen Rippen hat. Dafür war die Verpflegung sehr gut und für so viele Leute auch sehr gut organisiert. Hungern und Dürsten musste man nicht.

Zum Programm:

Rechtsübersetzer kamen auf ihre Kosten. Und wer sich erstmals mit MÜ beschäftigte auch. Die Veranstaltungen zu MÜ, die ich besucht habe, waren durchaus gut organisiert und die Beteiligten hochkarätig, kompetent und unterhaltsam. Das möchte ich explizit loben. Aber wer sich schon mit MÜ und Post-Editing beschäftig, ja damit womöglich schon unterwegs ist, der konnte kaum mehr lernen. Tools wurden kaum vorgestellt. Dolmetscher mögen das anders sehen, aber dolmetschen tu ich nun mal nicht. Dafür gab es eine Reihe Wohlfühlworkshops zu Rücken und Achtsamkeit. Ich hatte zwar das Glück, in solche Workshops zu gelangen, was aufgrund eingeschränkter Teilnehmerzahl offenbar recht schwierig war. Das war nicht schlecht. Auch wenn ich aus dem Yoga-Workshop nichts mitgenommen habe. Der über Meditation war aber exzellent vorbereitet und durchdacht und gab eine Menge Tipps – auch durch andere Teilnehmer, die ich doch gern versuchen möchte, umzusetzen. Mal sehen, wie lang die guten Vorsätzen halten.

Datenschutzverordnung

Ein wichtiges Thema ist ja auch die Datenschutzverordnung, die mir ehrlich gesagt, Schweißperlen auf die Stirn treibt. Einen Block gab es dazu. Aber der war leider im Wesentlichen mal wieder für die Juristen unter den Kollegen von Nutzen. FIT Europe hat sich dem löblichen Ziel verschrieben, eine Datenschutzerklärung für alle zu entwerfen und daher in Kontakt mit zahlreichen Stellen, um Problemfälle zu identifizieren und Lösungen dafür zu finden. Das ist extrem hilfreich, war aber natürlich eine „Werbeveranstaltung“ dafür, da unsere Hilfe von Nöten. Die ich gern gewähre. Ich hoffe, da wird was hilfreiches für uns alle rauskommen, obwohl ich sehe, dass wir zum Teil so unterschiedliche Bedürfnisse haben, dass ich mir eine Datenschutzerklärung für alle kaum vorstellen kann. Der zweite Vortrag war von einer Spezialistin für Rechtsfragen und leider für den Laien zu hoch. Was muss ich tun? Welche Probleme hab ich? Ich weiß es nicht. Der letzte Vortragende war zwar sprachlich ansprechender, charmant und versuchte sich an Humor. Aber sein hilfreicher Ansatz, Stolperfallen für alle zu besprechen, wandelte sich ruckzuck in Stolperfalle für Urkundenübersetzer und vor allem Dolmetscher im Rechtsbereich. Bei allem Verständnis für deren Probleme, wäre es einfach schön gewesen, wenn man sich mal besinnt, dass die Mehrheit der Kollegen andere Probleme hat und eine andere Sprache (also nicht Juristendeutsch) spricht. Ich hätte gern einiges gelernt. Hab ich aber leider nicht, außer dass ich meine Kollegen nicht mehr weiterempfehlen darf. Schade eigentlich, denn ich kenne eine Reihe sehr kompetenter.

Fazit

Auf der Habenseite steht natürlich der Kontakt mit den Kolleginnen. Ich durfte eine Reihe spannender Menschen kennenlernen. Das hat Spaß gemacht und hat dafür gesorgt, dass ich die Konferenz nicht vollkommen als Fehler abschreibe. Aber ob ich das nächste Mal an einer allgemeinen BDÜ-Konferenz teilnehmen werde, versehe ich doch mit einem dicken Fragezeichen. Schade, dass es so teuer ist, nach Amerika zu fliegen. Denn die ATA-Konferenz lässt einfach nicht zu wünschen übrig. Höchstens insofern, dass man sich zwischen 2 bis 3 gleichermaßen interessanten Themen entscheiden muss, während ich mich in Bonn oftmals fragte, welches das kleinste langweiligste Übel sei.

Copyrigth Bild: 3. Internationale Fachkonferenz des BDÜ: „Übersetzen und Dolmetschen 4.0: Neue Wege im digitalen Zeitalter“ (Bonn, 22.-24.11.2019) © Thorsten Weddig

Ich habe mich der Vielzahl von Anfragen gebeugt und neben meinem geliebten Wordfast SDL Trados installiert. Nach einer schwierigen Installation aufgrund eines absurden Fehlers (aber sehr freundliche Unterstützung durch den Support) konnte ich recht bald erste Aufträge bearbeiten. Das Programm ist relativ intuitiv, zumindest wenn man sich etwas mit TM-Systemen auskennt. Wer frisch einsteigt, ohne jemals so ein System benutzt zu haben (Berufsanfänger), wird sich wohl schwerer tun. Um die Feinheiten zu erkennen, muss ich allerdings auch noch mal ein Webinar oder ähnliches verfolgen. Da ich das Missvergnügen hatte, mit Across arbeiten zu müssen, haben mich einige Dinge recht positiv überrascht. Z.B. kann man Fett, kursiv, hochgestellt usw. relativ problemlos nutzen. Das war bei Across in früheren Versionen nicht wirklich komfortabel. Möglich, dass sich das geändert hat, denn ich habe seit etwa 2 Jahren keine Across-Projekte mehr gehabt. Auch kann man Sonderzeichen recht problemlos einfügen. Abgesehen davon, dass man sich manchmal zu Tode sucht, wenn es etwas exotischer ist. Allerdings benötigt man für einige Dinge immer noch die Alt+xxxx Nummern, was natürlich alles andere als praktisch ist.

Was mir gut gefallen hat, wie leicht die Pakete geladen und geöffnet werden können. Bei Across hat das manchmal so lange gedauert, dass ich dachte mein Computer hätte sich aufgehängt. Was auch für Updates galt.

Der Qualitätscheck gefällt mir recht gut. Ist komfortabler als bei Across, aber leidet natürlich auch unter zahlreichen falsch positiven Meldungen, was eine Folge der vielen chemischen Formeln und Formatierungen in chemischen Texten ist.

Trotzdem bin ich dankbar für jedes Projekt, das ich weiter mit Wordfast Classic bearbeiten kann. Ich verstehe die Notwendigkeit der Entwicklung dieser Systeme von WF Pro, SDL Trados, Memoq und wie sie alle heißen. Sie sind fürs Projektmanagement praktisch und bei allen Dateiformaten außer Word unerlässlich. Aber für Word-Dateien sind diese Systeme Mist. Die Segmentation bewirkt, dass der Textfluss abhanden kommt. Das zeigt sich auch in mangelhaften Übersetzungen, in denen der Kontext nie berücksichtigt wird. Auch Terminologiekonsistenz ist mangelhaft, weil in Projekten von Agenturen die Termdatenbank nicht gefüttert werden kann und bisher keine Agentur in der Lage war, eine vernünftige Termdatenbank mitzuschicken. Und meine eigene lässt sich auch nicht verwenden. Das ist auch für den Kunden blöd, aber er hat es ja so gewollt. In WF Classic kann ich 3 Glossare gleichzeitig benutzen. Und eines ist immer Kundenspezifisch. Das wird während des Übersetzens auch weiter gefüttert und unterstützt so Terminologiekonsistenz. Zudem ist ein Nachteil von Agentur-TMs die unterschiedliche Qualität der Matches. Keine Agentur schafft es, nur gute Matches und alle mit einheitlicher Terminologie zu kreieren. Das ist sicher auch ein Mega-Aufwand. Aber wie kann ich eine Übersetzung abgeben, in denen in 100-%-Matches gleiche Terminologie verschieden übersetzt wurde (und schlimmstenfalls auch noch falsch, weil niemand gut aufgepasst hat!!)?

 

Meine Weiterbildung im Bereich Übersetzungen bestand in diesem Jahr unter anderem in einem zweitägigen Seminar zum Thema Revision, das der BDÜ in Rahmen seiner Reihe Revisionskompetenz anbietet. Eine Revision ist eine zweisprachige Korrektur einer Übersetzung, in der Rechtschreibung, Grammatik, Vollständigkeit, Konsistenz, Lesbarkeit, Terminologie sowie die Einhaltung von Textsortenkonventionen und spezifischer Kundenvorgaben überprüft wird. Im Gegensatz dazu beschäftigt sich „Korrekturlesen“ nur mit dem einsprachigen Text (ist also auch nicht allein auf Übersetzungen beschränkt). Dabei werden auch nur Rechtschreibung, Grammatik und Interpunktion geprüft. Das Lektorat ist auch auf einsprachige Texte beschränkt, geht aber weiter als Korrekturlesen, insofern es Texte auch inhaltlich und stilistisch prüft. Am verbreitetsten ist das Lektorat im Verlagswesen.

Themen des Seminars waren unter anderem Ziel und Zweck der Revision, Aufgaben und Kompetenzen des Revisors, Einbettung in die ISO 17100, Vorteile und Nachteile der Revision, Techniken, Auftragsgestaltung und Prozesse. Fallen der Revision, Revision in TM-Systemen, Messung der Revisionsqualität und Zeitplanung und Preisgestaltung. Das Seminar war äußerst kurzweilig gestaltet und sehr instruktiv. Besonders hilfreich war die Beschäftigung mit Fallen, in die man als Revisor ständig tappt und welche Fehler sich bei der Revision einschleichen können. Aber auch der Austausch, was man als Übersetzer vom Revisor und als Revisor vom Übersetzer erwartet, war sehr produktiv. Das Seminar endete mit einer kurzen Prüfung über die gelernten Themen, war mir auch das Basiszertifikat Revision eintrug.

Teilnahmebescheinigung

Basiszertifikat Revision